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Antidiskriminierungsarbeit

Die Antidiskriminierungsarbeit ist konzeptionell ausgerichtet und umfasst Maßnahmen, die sowohl das Erkennen und Aufdecken von Diskriminierung zum Ziel haben als auch den Abbau und die Prävention gegen Diskriminierung verfolgen.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und der Rechtsschutz nach sonstigem innerstaatlichem Recht bilden die gesetzliche Grundlage der Antidiskriminierungsarbeit.

Mit der Implementierung des AGGs ist die Verpflichtung, Diskriminierung nach EU Recht gezielt abzubauen und Gleichbehandlung zu ermöglichen, gesetzlich verankert.

Hierdurch erhält die Antidiskriminierungsarbeit eine gesellschaftliche Legitimation.

Was ist unter Diskriminierung zu verstehen?

Das Wort Diskriminierung kommt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt: trennen, absondern, unterscheiden.

Diskriminierung wird heute als jede Form von Benachteiligung, Nichtbeachtung, Geringschätzung, Herabsetzung, Ausschluss oder Ungleichbehandlung von einzelnen Menschen oder Gruppen definiert, aufgrund von tatsächlichen oder zugeschriebenen/angedichteten gruppenspezifischen Merkmalen.

Nach EU – Recht und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) liegt Diskriminierung vor, wenn eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung, aus Gründen der Herkunft, der Religion, der Weltanschauung, des Aussehens, z.B. der Hautfarbe, des Geschlechts, des Alters, der sexuellen Identität oder aufgrund einer Behinderung erfolgt.

Diskriminierung kann unbewusst und bewusst stattfinden.

Diskriminierung ist umfassend. Sie kann auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens stattfinden, insbesondere durch Einschränkung von Partizipationsmöglichkeiten am öffentlichen Leben, in der Freizügigkeit, Gesundheit, Ausbildung, Berufsausübung oder bei der Lohnzahlung. Sie ist sowohl auf administrativer (z.B. Institutionen, Gesetze) als auch auf privater (z.B. Nachbarschaft, Freizeit) Ebene gegenwärtig.

Es gibt vielfältige Erscheinungsformen von Diskriminierung.

Unter alltäglicher Diskriminierung sind beispielsweise Vorurteile und ausgrenzende Verhaltensweisen einzelner Personen zu verstehen. So findet auf der gesellschaftlichen Ebene, Diskriminierung statt, hierzu gehören beispielsweise Traditionen, Gewohnheiten und Gesetze, die zur Ausgrenzung und Benachteilung anderer führen können.

Die strukturelle bzw. institutionelle Diskriminierung umfasst Regeln, Normen, Einstellungen und Verhaltensmuster in Institutionen, die dazu führen bestimmte Gruppen und Personen ungleich zu behandeln oder auszugrenzen, auch wenn diese zunächst neutral erscheinen.

Die Leitlinien

Menschen mit Zuwanderungsgeschichte können neben anderen Diskriminierungsformen (z.B. Geschlecht, Behinderung, Alter) zusätzlich auch rassistischer Diskriminierung ausgesetzt sein , die basierend auf Vorurteilen und Bildern, ihren Ursprung u. a. in der europäischen Geschichte hat.

Antidiskriminierungsarbeit setzt daher auch grundlegende Kenntnisse über die historischen und gesellschaftspolitischen Zusammenhänge von Rassismus und Diskriminierung voraus, sowie über Integrationsprozesse und ihre Auswirkungen für die Minder- und Mehrheitsgesellschaften.

Der „Opferschutz“ ist neben der Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit ein wesentlicher Grundgedanke jeder AD- Arbeit. Diskriminierungen werden von betroffenen Menschen oft als ein Angriff auf ihre Menschenwürde bzw. als Menschenrechtsverletzung empfunden. Sie stellt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes dar.
So können Diskriminierungserfahrungen von den Betroffenen als Trauma erlebt werden, welches schwerwiegende gesundheitliche Konsequenzen zur Folge haben kann.

Antidiskriminierungsarbeit ist sowohl präventiv als auch intervenierend tätig.

Die Möglichkeiten der Intervention sind vielfältig. Sie reichen von der gezielten Öffentlichkeitsarbeit bis hin zu Untersuchungsmethoden und Beratungsangeboten.
So gehören zum Aufgabenbereich der AD- Arbeit beispielsweise die Pressearbeit, Fallerfassung- und Dokumentation, Stellungnahmen, Bildungsarbeit, Konflikt- und Krisenbearbeitung, Beratungskompetenz, Untersuchungen zu gesellschaftlichen Bereichen, Recherchearbeit.

Schulungs-, Lehr– und Fortbildungsangebote sind im Rahmen der Antidiskriminierungsarbeit präventive Ansätze. Sie informieren und sensibilisieren, unter Bezugnahme der Minderheits- und Mehrheitsperspektive und können so bei allen Beteiligten zu einem Perspektiven- und Paradigmenwechsel beitragen. Zielgruppe sind sowohl Angehörige der Mehrheits- als auch der Minderheitsgesellschaften.

Die Komplexität der Antidiskriminierungsarbeit erfordert ein professionelles Vorgehen, das juristische Fachkenntnisse und –kompetenzen voraussetzt aber auch journalistisches, pädagogisch- psychologisches, sozialwissenschaftliches und sozialpädagogisches Wissen benötigt, um das breite Spektrum der AD- Arbeit adäquat erfassen zu können.

Die Antidiskriminierungsarbeit leistet daher einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration unterschiedlicher Zielgruppen (insbesondere von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte). Ihr erklärtes Ziel ist die Überwindung von Diskriminierung und Rassismus in unserer Gesellschaft.

Antidiskriminierungsberatung

Ein wichtiges Instrument der Antidiskriminierungsarbeit ist die Antidiskriminierungsberatung

• Sie richtet sich an unterschiedliche Zielgruppen.

• Im Gegensatz zur herkömmlichen Sozialberatung sind die AdressatInnen der Antidiskriminierungsberatung Mitglieder aller Bevölkerungs- und Bildungsschichten, ob AkademikerInnen, Angestellte, ArbeiterInnen oder sozial benachteiligte Gruppen. Betroffen können sowohl Angehörige von Minderheiten- als auch von Mehrheitsgesellschaften sein.

• Unabhängig ihres sozialen Status und ihrer Herkunft erleben Menschen Diskriminierungen, die Gefühle von Ohnmacht- und Hilflosigkeit hervorrufen können, aber auch Wut und Zorn.

• Der Opferzentrierte Beratungsansatz ermöglicht aus der Perspektive der „Betroffenen“ Diskriminierung zu erkennen, zu erfassen und zu überwinden. Er ist ein wichtiges Instrument der Deeskalation und eine wesentliche Grundlage zur Wiederherstellung der eigenen Handlungskompetenzen.

• Im Gegensatz zur „Täterorientierten Methode“ setzt der „Opferzentrierte Beratungsansatz“ das erlebte Leiden ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Empathie und Perspektivenwechsel können gezielt geschult und das Unrechtsbewusstsein kann gefördert und geschärft werden.

• Im Rahmen von Beratungsangeboten können auch Zeugen von Diskriminierungsvorfällen ihre Erlebnisse adäquat bearbeiten.

• Die Antidiskriminierungsberatung kann dazu beitragen, Selbst- und Fremdzerstörung zu verhindern.

• Sie ist somit ein adäquates Mittel, Menschen die Diskriminierung erfahren haben, gezielt zu begleiten und eine professionelle Unterstützung im Umgang mit erlebten Diskriminierungserfahrungen anzubieten.

• Die Antidiskriminierungsberatung bietet die Möglichkeit, die eigene diskriminierende Haltung zu überprüfen und eigene Verhaltensweisen und -einstellungen nachhaltig zu verändern.

• Neben der Informations- und Wissensvermittlung sind die Aktivierung des Selbsthilfepotentials der Ratsuchenden und die Wiederherstellung ihres Selbstwertgefühls eine der zentralen Aufgaben.

• Die Antidiskriminierungsberatung ermöglicht das Erkennen und die Erfassung von Diskriminierungstatbeständen, die insbesondere strukturell und institutionell begründet sind.

• Sie trägt dazu bei, auf der Grundlage vorliegender Diskriminierungsbeschwerden und ihrer statistischen Auswertung, Lösungs- und Handlungsstrategien zur Überwindung von Diskriminierung und Rassismus zu entwickeln.

Empowerment

Der Empowermentansatz

Ein zentraler Ansatz in der Antidiskriminierungsarbeit ist die Unterstützung Betroffener. Hierfür findet das Empowerment-Konzept seine Anwendung. Methodisch findet der Empowerment-Ansatz im Rahmen der Einzelfallberatung statt. Als eigenständiger Ansatz kann er auch in Form von Bildungs- und Sensibilisierungsangeboten verankert sein und in der Projektarbeit als Ziel formuliert und angestrebt werden.

Was heißt Empowerment?

Der Begriff Empowerment – Selbst-Bemächtigung, Selbst-Befähigung – stammt ursprünglich aus der amerikanischen Bürgerrechts- und Behindertenbewegung der 60er und frühen 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Er entwickelte sich aus den praktischen Erfahrungen von Selbsthilfeinitiativen und Protestaktionen von sozial benachteiligten Menschen. Ihr Ziel war die Überwindung sozialer Ungerechtigkeiten, Benachteiligungen und Ungleichheiten und das Recht auf ein selbst bestimmtes Leben.

Grundlegende Ziele:

• Der Leitgedanke des Empowerment- Konzeptes ist die Stärkung der Betroffenen. Das Konzept ist prozesshaft ausgerichtet. Die Betroffenen lernen ihre Angelegenheiten selber in die Hand zunehmen, sich dabei ihrer Fähigkeiten bewusst zu werden, eigene Kräfte und Ressourcen nutzen zu lernen und ihr Vertrauen in die Veränderbarkeit zu stärken.

• Damit steht Empowerment im Gegensatz zum traditionellen „Klientenbild“ der „Sozialen Arbeit“, das eher von den Defiziten des „Klienten“ geprägt ist (Defi-zitorientierung).

• Methodisch bedeutet Empowerment die aktive Förderung solidarischer Formen der Selbsthilfe und Selbstorganisation, mit den Zielen der Selbstbestimmung, der sozialen Gerechtigkeit und der demokratischen Partizipation (Teilhabe). Die Bereitstellung von Informationen und der Zugang dazu, die Entwicklung und Stärkung des Selbstvertrauens und der Kommunikationsfähigkeiten der Betroffenen, sind elementare Schritte jeder Empowermentarbeit.

• Die Gründe für soziale Ausschlüsse liegen nicht allein im Individuum, sondern auch in der Gesellschaft, in den Ungleichheiten beim Zugang zu Macht und Informationen, weshalb Empowerment immer auch eine gesellschaftlich-politische Dimension hat. Dabei kommt dem Perspektiven- und Paradigmenwechsel eine wichtige Rolle zu, der u. a. auch den historisch- gesellschaftlichen Kontextbezug ermöglicht.

Empowerment

Für die Antidiskriminierungsarbeit bedeutet dies, dass im Rahmen des Empowerment-Ansatzes Unterstützungsangebote entwickelt werden, die Selbständigkeit und Selbstbewusstsein fördern.

Dabei spielen Aspekte wie Traumatisierung, Verinnerlichung diskriminierender Erlebnisse und den daraus resultierenden Verhaltens- und Reaktionsmustern, in der kritischen Auf- und Bearbeitung von Diskriminierungserfahrungen eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung adäquater Handlungsstrategien.

Durch die Stärkung der eigenen Kommunikations- und Konfliktfähigkeit lernen Betroffene sich nicht nur als Opfer zu erfahren, sondern als handelnde, aktive Personen.

Für Projekte, die zum Ziel haben, sich für sozial Ausgegrenzte zu engagieren, bedeutet dies, dass sie die Sichtweisen und die Selbstwahrnehmung der Betroffenen berücksichtigen müssen.